Explosives auf dem Schrottplatz

3 Dezember 2021 /  Alexandra Brutsch
In der Ostukraine zwingt die durch den bewaffneten Konflikt verursachte prekäre Lage viele Menschen dazu, Schrott zu sammeln und weiterzuverkaufen, um an ein paar Franken zu kommen. Eine riskante Tätigkeit, die sie Antipersonenminen und nicht explodierter Munition aussetzt.

«Vor ein paar Wochen brachte mir jemand einen Eimer voller Altmetall», erzählt uns Vladimir, der in der Provinz Donezk einen Schrotthandel betreibt. «Das ist an und für sich nichts aussergewöhnliches, als ich ihn ausleerte, fand ich darin jedoch mehrere Patronen eines Maschinengewehres.»

Wie die meisten Schrotthändler lehnt Vladimir militärische Altgeräte ab. Dennoch findet er regelmässig Fragmente von Minen oder Granaten, die in den Schrotthaufen versteckt sind, die ihm gebracht werden. «Wir bezahlen einen bestimmten Kilopreis, mehr Gewicht bedeutet also auch mehr Geld. Ohne lange nachzudenken, gehen diese Leute leider solche Risiken ein.» Seit nun mehr als acht Jahren dauert der bewaffnete Konflikt im Donbass an. Die Covid-Pandemie hat die humanitäre Krise vor Ort nur noch verschärft. Ein Teil der lokalen Bevölkerung ist geflohen, hunderttausende Menschen leben noch immer direkt an der Kontaktlinie. Manche haben nicht die Mittel um von dort wegzugehen, viele wollen ihre Heimat selbstverständlich nicht aufgeben.

Zwischen dem Altmetall findet man Teile von Mörsergranaten. Wie viele können Sie identifizieren?

Arbeitsplätze sind in der Region Mangelware geworden, man muss diesbezüglich kreativ werden. Viele Menschen sammeln deshalb Metallschrott, den sie an Schrotthändler verkaufen. Ihre Suche führt sie an Orte, die möglicherweise vermint oder mit Überresten von Sprengkörpern übersät sind, darunter zerstörte oder verlassene Gebäude, Wälder und ehemalige Militärstellungen. Manche begeben sich sogar in die unmittelbare Nähe von Kampfgebieten.

«In einem Sammelzentrum in Volnovakha trafen wir zwei Jungs, die einen alten Wasserkocher und andere kaputte Gegenstände mitbrachten», berichtet Liudmyla, Teamleiterin des Sensibilisierungsteams der FSD. «Mit Hilfe von Bildern haben wir versucht Ihnen beizubringen, wie sie Sprengkörper oder auch potenziell kontaminierte Gebiete erkennen können. Wir haben Ihnen erklärt, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie auf einen solchen Gegenstand stossen.»

Die FSD sucht derzeit nach finanziellen Mitteln, um die Präventionsarbeit in den 280 noch nicht besuchten Schrottsammelstellen in den Provinzen Donezk und Luhansk fortzusetzen. Zusätzlich werden Schilder aufgestellt, die Bilder von im derzeitigen Konflikt verwendeten Sprengkörpern zeigen und korrekte Verhaltensweisen visualisieren.

Im Donbass ist das Sammeln von Schrott für viele Familien zum Lebensunterhalt geworden, an dem sich sogar die Kinder beteiligen.

Der anstehende Winter schränkt die Beschäftigungsmöglichkeiten nur noch weiter ein, während die Ausgaben zu dieser Jahreszeit steigen. Familien, die Kohle oder Brennholz kaufen müssen, um sich bis zum Frühjahr warm zu halten, werden nun umso mehr zu diesem gefährlichen Nebenverdienst gedrängt.

Angesichts des anhaltenden bewaffneten Konflikts im Donbass ist die Sensibilisierung für die Gefahren von Minen wichtiger denn je, um Unfälle zu vermeiden und Leben zu retten.