Der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine erschwert es zahlreichen Menschen ihren Lebensunterhalt zu sichern. Um immerhin etwas dazu zu verdienen sammeln einige von Ihnen Schrott und Altmetall. Dass man bei dieser Unternehmung in dieser Region jedoch auch auf Antipersonenminen, Blindgänger oder Munition stossen kann ist längst nicht allen bewusst.
«Vor ein paar Wochen brachte mir jemand einen Eimer voller Altmetall», erzählt uns Vladimir, der in der Provinz Donezk einen Schrotthandel betreibt.
“Das ist an und für sich nichts aussergewöhnliches, als ich ihn ausleerte, fand ich darin jedoch mehrere Patronen eines Maschinengewehres.»
Wie die meisten Händler lehnt auch Vladimir die Überreste militärischer Auseinandersetzungen ab. Dennoch findet er inzwischen der „Beute“ der Sammler regelmässig Minen- oder Granatensplitter.
«Wir bezahlen einen bestimmten Kilopreis, mehr Gewicht bedeutet also auch mehr Geld. Ohne lange nachzudenken, gehen diese Leute leider solche Risiken ein.»
Zwischen dem Altmetall findet man Teile von Mörsergranaten.
Wie viele können Sie identifizieren?
Seit nun mehr als acht Jahren dauert der bewaffnete Konflikt im Donbass an. Die Covid-Pandemie hat die humanitäre Krise vor Ort nur noch verschärft. Ein Teil der lokalen Bevölkerung ist geflohen, hunderttausende Menschen leben noch immer direkt an der Kontaktlinie. Manche haben nicht die Mittel um von dort wegzugehen, viele wollen ihre Heimat selbstverständlich nicht aufgeben.
Arbeitsplätze sind in der Region Mangelware geworden, man muss diesbezüglich kreativ werden. Viele Menschen sammeln deshalb Metallschrott, den sie an Schrotthändler verkaufen. Ihre Suche führt sie an Orte, die möglicherweise vermint oder mit Überresten von Sprengkörpern übersät sind: uA. zerstörte/ verlassene Gebäude, Wälder, vormalige Militärstellungen. Manche begeben sich sogar in die unmittelbare Nähe von Kampfgebieten.
Während des diesjährigen Sommers besuchte ein Team der FSD 60 Schrottsammelstellen, um das dortige Personal wie auch die «Sammler» selbst für diese Problematik zu sensibilisieren. Möglich gemacht wurde das durch die tatkräftige Unterstützung der GGL aus Österreich („Gemeinsam gegen Landminen“). Fast 2500 Personen konnten so erreicht werden und wissen nun, wie sie das Risiko, dem sie sich alltäglich aussetzen auf ein Minimum reduzieren können.
Die FSD hat folglich auch gezielt Jobzentren in der Region kontaktiert, um so Arbeitssuchende zu erreichen. Vor allem sie sind deutlich leichter dazu verleitet einer solchen Tätigkeit nachzugehen.
Ein Schrottsammler erzählte uns, dass er ein Projektil im Wald gefunden und es vergraben hat. Er befürchtete, Probleme zu bekommen, wenn er es meldete.
«In einem Sammelzentrum in Volnovakha trafen wir zwei Jungs, die einen alten Wasserkocher und andere kaputte Gegenstände mitbrachten», berichtet Liudmyla, Teamleiterin des Sensibilisierungsteams der FSD. Mit Hilfe von Bildern haben wir versucht Ihnen beizubringen, wie sie Sprengkörper oder auch potenziell kontaminierte Gebiete erkennen können. Wir haben Ihnen erklärt, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie auf einen solchen Gegenstand stossen.»
Im Donbass ist das Sammeln von Schrott für viele Familien zum Lebensunterhalt geworden, an dem sich sogar die Kinder beteiligen
Die FSD sucht derzeit nach finanziellen Mitteln, um die Präventionsarbeit in den 280 noch nicht besuchten Schrottsammelstellen in den Provinzen Donezk und Luhansk fortzusetzen. Zusätzlich werden Schilder aufgestellt, die Bilder von im derzeitigen Konflikt verwendeten Sprengkörpern zeigen und korrekte Verhaltensweisen visualisieren.
Der anstehende Winter schränkt die Beschäftigungsmöglichkeiten nur noch weiter ein, während die Ausgaben zu dieser Jahreszeit steigen. Familien, die Kohle oder Brennholz kaufen müssen, um sich bis zum Frühjahr warm zu halten, werden nun umso mehr zu diesem gefährlichen Nebenverdienst gedrängt.